Hand- und Heimwerkerprodukte verkaufen, ob über das Internet oder auf Märkten und Basaren – die Welle des Do-it-yourself, die in Deutschland seit 2006 stetig an Fahrt gewinnt, macht immer mehr Hobby-Designer, Heimwerker und Hobbybastler attraktiv, die ihre bisher für den Eigenbedarf hergestellten Produkte verkaufen wollen. Zu verlockend sind die Erfolgsgeschichten von Kreativen, die sich mit ihrem Hobby ein zweites Standbein, wenn nicht gar ihre eigene Existenz aufgebaut haben. Zu schön ist der Gedanke, von zu Hause aus etwas mehr Geld auf der Seite zu haben. Und das mit nur wenigen Klicks. Denn es sind nur wenige Klicks nötig, um auf einem der immer zahlreicher werdenden Internet-Marktplätze für selbstgemachte und einzigartige Artikel ein Geschäft zu eröffnen. Wie schnell ist ein Bild mit der Systemkamera geschossen, doch ob das Motiv vermarktet werden darf steht auf einem anderen Blatt.

Die Abmahnung

Die Warnhinweise sind selten ein freundlicher Warnschuss, sondern werden oft sofort von einer Kostennote begleitet, die in die Tausende gehen kann. Und sie haben oft auch unangenehme Folgen für diejenigen, die gewarnt wurden – Ruin für alle, die eigentlich „nur“ ein paar Euro mehr verdienen wollten. Inzwischen häufen sich die Diskussionen zu diesen Themen auf Bastelseiten und in den Foren der Internet-Marktplätze; die Stimmung reicht von eingeschüchtert und hilflos bis hin zu wütend und anstachelnd. Abgesehen von Fällen von Warnungen, bei denen es bereits um fragwürdige Praktiken wie etwa offensichtliche Geldwäsche geht, zeigen die meisten Kreativen kein Verständnis für Warnungen, die mit einer Kostennote versehen sind. Die Online-Diskussionen werden regelrecht hitzig, da zum einen die Warnhinweise in der Regel von Anwälten bearbeitet werden, so dass die Betroffenen nicht einmal mit dem eigentlichen Warnungsbeauftragten persönlich in Kontakt kommen. Zum anderen wird die kostenpflichtige Abmahnung von so genannten „Großunternehmen“ an „die Kleinen“ als unmoralisch empfunden, da Kleinstunternehmer im Kreativmarkt sehr oft über keine finanziellen Puffer verfügen, aus denen sie die Kosten für die Abmahnung bezahlen können, geschweige denn ein Gerichtsverfahren anfechten können. Und so wird bereits jetzt gefordert, dass insbesondere kleine Anbieter zunächst schriftlich abgemahnt werden sollten, bevor sie zahlen müssen.

Nur Selbermachen und Angeberei war gestern – jetzt wird angepackt

Nicht nur im Netz ausstellen, sondern mit dem, was man gerne macht, Geld verdienen und dann von zu Hause oder aus einem kleinen, eigens dafür eingerichteten Atelier – davon träumen inzwischen viele Kreative in Deutschland. Und es sieht alles so einfach aus, wenn man die Kreativ-Blogs aus der ganzen Welt verfolgt: Man sieht schöne Produkte, schön dekorierte Nähstuben, man sieht, wie beliebt die Kreativen sind und wie gut sie sich verkaufen. Viele denken, es kann gar nicht so schwer sein, und eröffnen ihren eigenen Online-Shop auf einem der Marktplätze für handgefertigte und selbstgemachte Produkte wie DaWanda oder Etsy, dokumentieren ihre kreative Arbeit in einem eigenen Blog und einem Netzwerk auf Facebook. Doch spätestens wenn die erste Verwarnung ins Haus flattert oder Blogs und Marktplatz-Foren wieder berichten, wer durch eine bezahlte Verwarnung zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt wurde, kommen viele Kreative in der Realität hart rüber. Denn was viele nicht erkennen, ist, dass es im Verkaufsgeschäft um mehr geht als nur um die Herstellung von Produkten und die Einrichtung eines Shops im Internet. Aber niemand bloggt oder berichtet darüber. Und manchmal scheint es einfach so, als ob das, was man nicht sieht, für viele kreative Menschen nicht existiert.

Die Hausaufgaben müssen gemacht werden – also los gehts mit der Arbeit

Tatsächlich gibt es noch viel zu tun, bevor Sie sich mit selbst hergestellten Produkten in den Verkauf wagen sollten. Und das wiederum hat nichts mit Happy Hours in der Kreativkammer zu tun. Es ist die Arbeit hinter den Kulissen; der Umgang mit den Behörden für Gewerbescheine & Co, die Beratung durch einen Steuerberater, die gründliche Recherche nach Lizenzen, Urheberrechten und anderen Rechtsfragen; die sorgfältige Prüfung möglicher Sicherheitsanforderungen für die geplanten Produkte und schließlich der eine oder andere Gedanke an Marketing und PR. Natürlich gibt es in der Welt der kreativen Blogs über diese Dinge wenig zu finden. Aber sie existieren und gehören zum Geschäft wie sorgfältig hergestellte Produkte.

Seit The New Handmade, die Alternative zum Konsum von Massenware, auch in Deutschland Einzug in den Mainstream gehalten hat – und das seit etwa 2009, gut drei Jahre nach dem Start von DaWanda als erstem deutschen Kreativmarktplatz – scheint die Zahl der Warnungen im Kreativbereich zu steigen. Die einen finden das unfair, kein Wunder, dass andere es nicht fair finden. Verwarnt wird die Verwendung von Stoffen und anderen Kurzwaren, deren Weiterverarbeitung nur für den privaten, nicht-kommerziellen Gebrauch erlaubt ist; Muster und Bastelvorlagen, die nur für den privaten Gebrauch bestimmt sind, sowie Bastelmaterialien wie Stempel und Servietten, die oft geschützt sind und für die gewerbliche Händler erst Lizenzen erwerben müssten, stehen ebenfalls ganz oben auf der Liste. Und dann gibt es generell Designs und Motive, die geschützt und damit auch tabuisiert sind.

Fazit

Gerade die Diskussionen im kreativen Web machen deutlich, wie sehr das Rechtsempfinden des Einzelnen und das tatsächliche Recht auseinanderklaffen: Besonders unmoralisch sind Warnungen von kreativen Konkurrenten, die unter Umständen sogar auf demselben Internet-Marktplatz verkaufen wie die Verwarnten. Es sollte daher humaner sein. Für den Marktplatz DaWanda haben sich einige Nutzer bereits einen verbindlichen „Ehrenkodex“ gewünscht, der allen Streitigkeiten ein klärendes Gespräch vorausgehen sollte.

Von Reporter1